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Bertelsmann-Studie: Medizinische Überversorgung von Schwangeren - ein lukratives Geschäft für Ärzte

Schwangere Frauen sollten auf die bestmögliche Weise medizinisch versorgt werden und jede nötige Untersuchung erhalten, die für die Mutter und das ungeborene Kind gut und sinnvoll ist. Dies sei ausdrücklich zu Anfang festgestellt. Hier scheint sich aber - wie an manchen Orten in unserem Gesundheitssystem - die Brieftasche von Patientinnen, in diesem Fall von werdenden Müttern, als ein offenes Geschäftskonto für die betreuenden Ärzte anzubieten.

 

Denn nach einer Bertelsmann-Studie und der Befragung von Schwangeren zeigt sich, dass Ärzte hier offenbar sehr gern und überaus häufig alles durchsetzen, was an Untersuchungen nicht nur möglich und sinnvoll ist, sondern, was sich insbesondere den Schwangeren "verkaufen" lässt. So stellt Bertelsmann fest, dass alle schwangeren Frauen mittlerweile so behandelt und untersucht werden, als hätten sie eine Risiko-Schwangerschaft. 

 

Verwunderlich ist diesbezüglich die Haltung von Gesundheitsminister Gröhe zu den Ergenissen der Bertelsmann-Studie: "Das Bundesgesundheitsministerium erklärt dagegen den Anstieg der Ausgaben damit, dass der medizinisch-technische Fortschritt bessere Diagnosen ermögliche. Und damit, dass sich die Patientinnen-Struktur verändere - die werdenden Mütter etwa im Schnitt immer älter sind." (welt.online) 

 

Hier könnte man den Eindruch gewinnen, dass seitens der regierenden Gesundheitspolitiker zugunsten eines Berufsstandes argumentiert wird, der sich durch intransparente Abrechnungsmöglichkeiten hervorragend an den PatientInnen bereichern kann. Mit wohlwollender Unstützung durch den Gesundheitsminister? 

 

Bedenklicher erscheint allerdings zunächst einmal die Tatsache, dass allen schwangeren Frauen, die ein Kind erwarten - an sich ein natürlicher Vorgang und zumeist Anlass zu großer Freude - systematisch Angst gemacht wird. Sie erfahren durch ihren betreuenden Arzt oder Ärztin eine fundamentale Verunsicherung, statt Rückhalt und einen vernünftigen Umgang mit dem medizinisch Machbaren und den anzuratenden Untersuchungen. Das ist das Modell der Igel-Untersuchungen, bei denen es auch selten darum geht, was für die Patienten gut und sinnvoll ist, sondern darum, woran und wieviel der Mediziner gern an seinen Patienten verdienen möchte. Das ist ja bereits bekannt.

 

Die befragten Schwangeren spüren das, können sich aber aufgrund der geschürten Ängste schwerlich den vorgeschlagenen Untersuchungen widersetzen. Auch wenn diese wenig sinnvoll, eher überflüssig sind. Das ist sehr verständlich. Aufmerken sollte man - auch von Seiten des Gesundheitsministeriums - wenn die Hälfte der Schwangeren angibt, sich von ihrem Arzt oder Ärztin nicht richtig betreut zu fühlen. 

 

Kann man dies damit begründen, dass Schwangere immer älter werden? Oder dass heute mehr Untersuchungsmethoden zur Verfügung stehen als früher? Man sollte wohl viel eher fragen, wann die Aussagen von Patienten und Patientinnen seitens des Gesundheitsministeriums ernst genommen werden, ob sie überhaupt eine Rolle spielen, wenn man sich dort Gedanken über das Gesundheitssystem und seine Organisation macht.

 

Bleibt zu hoffen, dass wir endlich einmal einen Zustand erreichen, indem wir mündige PatientInnen sein dürfen.

 

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