Die Unterversorgung in unserem Gesundheitssystem lauert in jedem Behandlungszimmer Deutschlands und trifft in allererster Linie uns als Patienten. Dies ist für jeden Patienten schnell lebensbedrohlich. Deshalb muss mit dem politischen Schönreden und Vertagen von notwendigen Änderungen jetzt endlich Schluss sein.
Inzwischen ist man in der Erforschung des Placebo-Effekts in ärztlicher Behandlung und bei Medikamenten recht weit vorgedrungen. So kann es inzwischen als gesichert gelten, dass unser Gehirn allein durch unsere Erwartung einer Heilung bestimmte Botenstoffe aussendet, die unsere Krankheitssymptome lindern können. Diese neuronalen Wirkmechanismen bewirken, dass auch ein Scheinmedikament durchaus die gleiche heilende Wirkung vollbringen kann, wie eine echte Substanz. Aber auch ein gutes Gespräch mit einem Arzt oder einer Ärztin kann eine eben solche Wirkung hervorbringen und unsere Hirnnetzwerke in die Funktion versetzen, Heilung zu fördern und die Krankheitssymptome zu lindern. Es ist kein Geheimnis, schon die bloße Zuwendung zu einem Menschen hilft diesem.
Heute wurde bekannt, dass die Pharmafirma Novartis in Griechenland zahlreiche Politiker unter der Ägide des bis 2015 amtierenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras korrumpiert hat. Ein Millionenskandal, initiiert, um den Absatz ihrer Pharma-Produkte zu verbessern.
Pharmafirmen zahlen Millionen - aber sie verdienen dadurch so viel mehr, dass diese Summen nur unerhebliche Nebenkosten darstellen.
Griechenland? Ja, Griechenland.
Aber wie die Verhältnisse in Deutschland sind, bleibt uns weitgehend verborgen. Lobbyismus und die "Marketing-Aktionen" der Industrie bleiben für die Bürger weiterhin intransparent.
Besser, als gestern abend in der Heute-Show, kann man die Zustände in unserem Gesundheitssystem nicht ausdrücken. Dank an Oliver Welke und sein Team.
Zur Erinnerung: In unseren Krankenhäusern gibt es jährlich 190.000 Fälle von Behandlungsfehlern, die Dunkelziffern sind wesentlich größer, es kann gut das Doppelte oder das Dreifache sein, was sich dort abspielt. Ohne dass in den meisten Fällen Kliniken oder Ärzte dafür haftbar gemacht werden können.
19.000 Patienten pro Jahr sterben daran. Auch hier ist die Dunkelziffer mit Sicherheit weit höher.
Jeder ist jederzeit gefährdet, als Patient einer Fehlbehandlung unterzogen zu werden. Kurz vor Jahresende hat der anerkannte Mediziner Karl-Heinz Wehkamp, der Soziologie, Philosophie, Psychoanalyse und Humanmedizin studiert hat, die Ergebnisse seiner Studie vorgestellt, in der er praktizierende Ärzte zu ihrer Arbeit in unseren Krankenhäusern und zu ihrer Motivation in der Beratung und Behandlung ihrer Patienten befragt hat.
Es ist gut, dass das Thema der ärztlichen Behandlungsfehler und die elende Lage der Patienten-Opfer endlich bei den Politikern angekommen ist.
Jetzt hat sich das journalistische Rechercheteam von „Correctiv“ mit der Problematik beschäftigt, dass Opfer - dabei ist es in diesem Fall egal, ob sie einen Unfall oder einen Behandlungsfehler erleben mussten - in Deutschland kaum eine Chance auf eine Entschädigung haben. Der Bericht im Nachtjournal von RTL zeigt auf, dass hinter den mächtigen Versicherungskonzernen ausgebuffte Großkanzleien stehen, die in regem Austausch mit Richtern bis hin in den Bundesgerichtshof stehen. Die Richter erhalten dort sogar „Sachkenntnisse“ und zusätzliche Honorare für Veranstaltungen. All dies geschieht in undurchschaubarer Weise und unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Transparenz ist etwas anderes.
Die sogenannten IGeL-Leistungen kristallisieren sich einmal mehr als ein Beispiel heraus wie Ärzte vorgehen können, um ihren Verdienst zu steigern. Zum Vorteil bei der Heilung der Patienten sind die meisten dieser angebotenen Therapien und Untersuchungen nach Ansicht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) offenbar nicht.
Die Flut von Nachrichten, die einen inzwischen täglich zum Thema Behandlungsfehler in ärztlichen Behandlungen erreichen, ist kaum noch zu übersehen. Durch die enorm hohen Fallzahlen und die noch wesentlich höheren Dunkelziffern drängt sich das Thema immer mehr in die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Selbst das Ärzteblatt berichtet jetzt über die Zunahme von Behandlungsfehlern und die Techniker Krankenkasse möchte sich auch gern ins Boot setzen und hat kürzlich Zahlen bekannt gegeben, nach denen durch die TK im vergangenen Jahr vierzehn Millionen Euro aufgrund von Fehlbehandlungen von Ärzten und Kliniken als Regressforderungen geltend gemacht wurden. Man möchte sicher gern neue Mitglieder mit einer solchen Nachricht anwerben, die ja erstmal gut und imposant daherkommt. Dabei klingt es irgendwie nach dem Verdienst der Krankenkasse? Ist es ja auch.
Die hohen Eigenanteile bei Zahnersatzbehandlungen führen dazu, dass immer mehr Menschen ganz und gar auf den Zahnarztbesuch verzichten. Der VdK fordert, dass die Regelversorgung an den aktuellen medizinischen Standard angepasst wird. Menschen mit geringem Einkommen müssen ohne Eigenanteil einen festsitzenden Zahnersatz erhalten.
Schwangere Frauen sollten auf die bestmögliche Weise medizinisch versorgt werden und jede nötige Untersuchung erhalten, die für die Mutter und das ungeborene Kind gut und sinnvoll ist. Dies sei ausdrücklich zu Anfang festgestellt. Hier scheint sich aber - wie an manchen Orten in unserem Gesundheitssystem - die Brieftasche von Patientinnen, in diesem Fall von werdenden Müttern, als ein offenes Geschäftskonto für die betreuenden Ärzte anzubieten.
Denn nach einer Bertelsmann-Studie und der Befragung von Schwangeren zeigt sich, dass Ärzte hier offenbar sehr gern und überaus häufig alles durchsetzen, was an Untersuchungen nicht nur möglich und sinnvoll ist, sondern, was sich insbesondere den Schwangeren "verkaufen" lässt. So stellt Bertelsmann fest, dass alle schwangeren Frauen mittlerweile so behandelt und untersucht werden, als hätten sie eine Risiko-Schwangerschaft.
Bericht des Deutschen Ärzteblattes vom 9.12.2016 -
Krankenkassen mit 16 Milliarden im Plus
Ein Kommentar
Der vertuschte Skandal Filmdokumentation ARD von Christian Stücken
Am Montag, dem 28.11.2016 wird in der ARD die Filmdokumentation "Der vertuschte Skandal" gezeigt. Andre Sommer, ein Medikamenten-Opfer aus den 70ger Jahren kämpft für sich und für viele andere Betroffene gegen den Pharmakonzern Bayer, der Rechtsnachfolger der Pharmafirma Schering ist, die das Hormonmittel damals auf den Markt brachte. Es wurde Frauen, die vermuteten eventuell schwanger zu sein, von ihren Ärzten als Schwangerschaftstest verordnet, obwohl sich damals in Tierstudien von Schering längst gezeigt hatte, dass das Mittel bei bestehender Schwangerschaft verheerende Auswirkungen auf die Föten haben konnte.
Wenn die Frau kein Kind wollte, wurde es sogar von Ärzten als Mittel zum Schwangerschafts-Abbruch empfohlen und verordnet. Dass die Einnahme von nur zwei Pillen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen eine solch schlimme Auswirkung haben könnte, wurde verschwiegen. Die Frauen ahnten es nicht.
In meinem Buch Die Wunde in mir - Misshandlung auf Krankenschein schildere ich meine Geschichte auf zwei Ebenen. Da ist zum einen die Gewalt, die allen Betroffenen von ärztlichen Behandlungsfehlern in unserer Gesellschaft angetan wird. Zuerst durch einen Behandlungsfehler, der ihr Leben in Stücke reißt. Und darauf folgend geraten sie bei dem Versuch, eine Wiedergutmachung zu erlangen, in den Reißwolf der Verhandllungen mit Krankenkassen, Ärzte-Gut- / Missachtern, Juristen und ärztlichen Haftpflichtversicherungen. Da fehlt jede Menschenwürde und jedes menschliche Maß, denn da geht es ja gar nicht um die Patienten, sondern nur um den größtmöglichen Profit für die übrigen Beteiligten.
Zugleich aber erzähle ich in meiner Tatsachenerzählung von einem sehr schlimmen, sexualisierten, ärztlichen Übergriff, der weder durch die Staatsanwaltschaft (die Ermittlungen aufgrund meiner Anzeige wegen Körperverletzung wurden vorzeitig eingestellt), noch in den zivilrechtlichen Verhandlungen geahndet wurde. Vom Zivilgericht wurde ich kurzerhand im Urteil ab einem fiktiven Zeitpunkt nur wenige Monate nach dem verheerenden Angriff des Arztes auf meinen äußeren und sogar inneren Intimbereich und trotz einer, zu der Zeit hierdurch weiter bestehenden, handflächengroßen (!) Wunde und des eindeutig von einem notoperierenden Universitätsprofessor dokumentierten 75-prozentigen Gewebeverlustes, für "gesund" erklärt, da ich angeblich keinen weiteren Arzt aufgesucht hätte ... Eine Aussage, die in allen Details falsch ist. Auf Druck ihrer Medizinerkollegen hatte zum Beispiel eine mich behandelnde Proktologin 90 Prozent meiner Patientenakte in ihrer Praxis geschwärzt und unkenntlich gemacht. Das wurde akzeptiert, das ging gut vor Gericht durch. Dies ist für mich skandalös.
Gewalt gegen Frauen und Patientinnen, ich weiß, was das ist. Ich habe es erlebt. Und ich schreibe heute darüber. In allen Details.
Vor einem Jahr sendete und veröffentlichte ein Leser meines Buches Die Wunde in mir - Misshandlung auf Krankenschein einen Offenen Brief an den "Patientenbeauftragten der Bundesregierung", Karl-Josef Laumann. Dieser schreibt auf seiner Internetseite zur Frage nach der ausreichenden Wirksamkeit des Schutzes von Patienten durch das Patientenrechtegesetz:
"Nicht einzelne Interessen, sondern die Patientinnen und Patienten müssen im Mittelpunkt des Gesundheitssystems stehen. Deshalb ist es wichtig, ständig für Qualität, Transparenz und eine gute Versorgung in den unterschiedlichen Strukturen zu arbeiten."